Welche PatientInnen kommen für eine nicht-operative Versorgung nach einer Totalruptur des vorderen Kreuzbandes in Frage und was sind die Erfolgsaussichten?

Eine Sammlung von Leitlinien, Empfehlungen und Studien für TherapeutInnen

Eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKBs) zählt zu den häufigsten Sportverletzungen am Kniegelenk (Majewski et al., 2006; Sanders et al., 2016; Maniar et al., 2022). Sie hat für viele Betroffene bedeutende Auswirkungen auf die Kniestabilität und erzwingt dadurch oftmals Einschränkungen im Alltag und Sport. Besteht der Verdacht auf eine VKB-Ruptur, bedarf es einer gründlichen Diagnostik und einer hochwertigen medizinischen Versorgung. Wie diese medizinische Versorgung jedoch im Einzelfall auszusehen hat, hängt von vielen Faktoren ab. Für TherapeutInnen kann es deswegen manchmal durchaus schwer nachzuvollziehen sein, warum ÄrztInnen einzelnen PatientInnen zu einer operativen oder nicht-operativen Versorgung der verletzten Struktur(en) raten. Vielleicht bringt die nachfolgende Ausarbeitung etwas Klarheit.

Ich bin Physiotherapeut und aus eigenem Interesse habe ich mich in den vergangenen Monaten intensiv mit der konservativen VKB-Rehabilitation beschäftigt — unter anderem auch mit deren Anwendungsbereich und deren Erfolgsaussichten. In diesem Text möchte ich einen Teil meiner Rechercheergebnisse für interessierte KollegInnen und mich selbst zusammenfassen. Es gibt zu dem Thema eine überwältigende Menge an Fachliteratur mit sehr unterschiedlicher Qualität. Deswegen habe ich mich in meinen Recherchen vor allem auf Leitlinien großer Fachgesellschaften, Sekundärliteratur und besonders relevante Primärliteratur konzentriert. 

Bevor ich mich der Thematik widme, möchte ich noch ein paar Worte der Warnung aussprechen. Sollten Sie selbst eine VKB-Verletzung erlitten haben, kann die nachfolgende Abhandlung für Sie natürlich auch sehr interessant sein. Es sei jedoch gesagt, dass dieser Text kein Gespräch mit einem Facharzt/einer Fachärztin ersetzen kann. Die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Therapiestrategie nach einer VKB-Ruptur sollte nur in Zusammenarbeit mit einer spezialisierten Ärztin/einem spezialisierten Arzt getroffen werden und muss die individuelle Gesamtsituation von Betroffenen berücksichtigen. Des Weiteren möchte ich darauf hinweisen, dass sich dieser Text bewusst nur mit Therapiestrategien für erwachsene PatientInnen befasst, Behandlungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche können nicht direkt aus dieser Ausarbeitung abgeleitet werden. Die Ergebnisse der hier zitierten Arbeiten können mit der Veröffentlichung neuer Leitlinien und Studien zukünftig jederzeit an Aussagekraft und Gültigkeit verlieren.

Behandlungspfade nach einer VKB-Totalruptur

Nach einer VKB-Totalruptur kommen üblicherweise drei verschiedene Behandlungspfade in Frage (Filbay & Grindem, 2019):

  1. Frühe operative Versorgung > postoperative Physiotherapie

  2. Präoperative Physiotherapie > geplante operative Versorgung > postoperative Physiotherapie

    Präoperative Physiotherapie hat potenziell positive Auswirkungen auf den Therapieerfolg postoperativ (Filbay & Grindem, 2019). Ziel einer präoperativen Therapie ist es, den Reizzustand des Kniegelenks zu lindern, Beweglichkeit zu verbessern und Schlüsselmuskeln zu konditionieren. Sie wird in der Fachliteratur und in Leitlinien regelmäßig empfohlen.

  3. Physiotherapie > regelmäßige Statuserhebung > optionale operative Versorgung bei Bedarf oder Weiterführung der Therapie im Sinne eines nicht-operativen Managements

    Im Rahmen dieses Behandlungspfades wird die Entscheidung für oder gegen eine Operation nicht sofort getroffen. Mittels Physiotherapie werden, ähnlich wie in der präoperativen Therapie, zunächst Reizzustand, Beweglichkeit, Kraft und Funktion am Kniegelenk bestmöglich optimiert. Im Idealfall wird dadurch eine sichere Rückkehr zum Alltag und gegebenenfalls auch zum Sport temporär oder permanent ohne operativen Eingriff möglich. Sollte dies nicht der Fall sein, so ist eine operative Versorgung empfehlenswert.

    Dieser Ansatz bietet PatientInnen die Chance, ein Gefühl für die eigene Kniestabilität und -funktion nach der Verletzung zu entwickeln. Dies kann durchaus wertvoll sein, denn Betroffene können den Verlust der VKBs unterschiedlich gut kompensieren. Während manche auch ohne Operation sportlich sehr aktiv sind und tendenziell wenig Instabilität empfinden, leiden wiederum andere unter unberechenbaren und riskanten Instabilitätsepisoden (spontanes Nachgeben des Kniegelenks; wird auf Englisch auch “giving-way” Episode genannt). Früh nach der Verletzung lässt sich leider schlecht vorhersagen, wie gut jemand langfristig ohne Operation zurechtkommen wird. Aktuell gibt es nämlich besonders für aktivere PatientInnen keine Behandlungsalgorithmen oder Modelle, die hierzu nachweislich eine verlässliche Auskunft geben (Moksnes et al., 2008; Kaplan, 2011; Eggerding et al., 2015).

Die passende Therapiestrategie wird im Regelfall mit der Fachärztin oder dem Facharzt des Vertrauens erarbeitet. Heutzutage finden, wie bereits Eingangs erwähnt, bei der Wahl der passenden Behandlungsstrategie viele Faktoren Berücksichtigung (sportliche Ambition, Gelenkgesundheit, Begleitverletzungen, translatorische und rotatorische passive Kniestabilität, funktionelle Kniestabilität, knöcherne Morphologie, Qualität des Bindegewebes, Alter, psycho-soziale Faktoren, Präferenzen und Persönlichkeit von Betroffenen, etc.). Sollte nach der Verletzung bereits Physiotherapie stattgefunden haben, wird im Idealfall auch die Einschätzung des Therapeuten/der Therapeutin berücksichtigt.

Details zur nicht-operativen Therapie

Weil es bezüglich dieser Therapieoption manchmal zu Missverständnissen kommt, möchte ich kurz näher auf sie eingehen.

Die evidenzbasierte nicht-operative Therapie besteht nur aus kurzweiliger Schonung, welche in weiterer Folge meist rasch von intensiver Trainingstherapie, regelmäßigen Testungen und systematischer Rückkehr zu Zielaktivitäten abgelöst wird. Je konsequenter und hochwertiger dabei die Durchführung, desto besser das erwartbare Behandlungsergebnis. Nach einer VKB-Ruptur kommt es unter anderem zu einem Afferenzverlust, einer veränderten Biomechanik im Kniegelenk und einer veränderten Aktivität der knienahen Muskulatur. Beweglichkeit, Propriozeption, Koordination, Ausdauer, Kraft und Schnellkraft an der betroffenen Extremität müssen in der nicht-operativen Therapie deswegen intensiv trainiert werden. Ein Betroffener/eine Betroffene muss im Zuge dessen kontinuierlich und über einen längeren Zeitraum hinweg in den genannten Fähigkeiten besser werden, um ein funktionell möglichst stabiles Kniegelenk zu entwickeln. So ein Unterfangen verlangt TherapeutInnen und Betroffenen einiges an Einsatz ab. Die moderne nicht-operative Therapie darf also keinesfalls als Behandlungspfad der “nicht-Intervention” verstanden werden.

Ein paar Worte zur VKB-Heilung dürfen an dieser Stelle auch nicht fehlen. Noch in der nicht allzu fernen Vergangenheit gingen viele TherapeutInnen pauschal davon aus, dass im Rahmen der konservativen Therapie nach einer VKB-Totalruptur gelernt werden muss, ein vollständig fehlendes Band muskulär zu kompensieren. Heute kann die Thematik etwas nuancierter betrachtet werden, in neueren Untersuchungen konnte nämlich für das VKB ein besseres Heilungspotential ermittelt werden, als von vielen zuvor angenommen (Pitsillides et al., 2021; Filbay et al., 2023b). Es sei hierzu jedoch gesagt, dass ein konservativ geheiltes VKB oftmals wahrscheinlich nicht dieselbe passive Stabilität bietet wie ein unverletztes, repariertes oder rekonstruiertes Band (Filbay et al., 2023b).

Es ist auch bemerkenswert, dass die VKB-Heilung durch den gezielten Einsatz von Knieorthesen scheinbar beeinflusst werden kann. Im Rahmen einer erst kürzlich veröffentlichten Fallserie zum Cross-Bracing Protokoll konnten vielversprechende Hinweise auf den positiven Effekt einer in Beugung fixierten Orthese auf Chance und Qualität der vorderen Kreuzbandheilung gesammelt werden (Filbay et al., 2023a). Es benötigt aber zum jetzigen Zeitpunkt deutlich mehr Forschung, um eine klare Aussage über die Effektivität und Sicherheit des Cross-Bracing Protokolls treffen zu können.

Empfehlungen von Fachgesellschaften und ExpertInnengruppen aus aller Welt

In diesem Abschnitt werden relevante Kernaussagen aus aktuellen Leitlinien und Konsensus-Statements verschiedener anerkannter Fachgesellschaften und ExpertInnengruppen zur nicht-operativen Therapie nach einer VKB-Totalruptur beim Erwachsenen aufgelistet.

1. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und der Österreichischen Gesellschaft für Unfallchirurgie (ÖGU)

Im Jahr 2018 publizierte die DGU in Zusammenarbeit mit der ÖGU ihre neueste Leitlinie zu der Thematik “Vordere Kreuzbandruptur”. Auf Seite 17 unter dem Punkt “6. Indikation zur definitiven Therapie” findet sich folgende Formulierung:

Das Therapieregime nach gesicherter VKB-Ruptur wird weiterhin diskutiert. Es gibt multiple Konzepte bzw. Entscheidungs-Algorithmen, die jedoch nicht evidenzbasiert sind. [...] Einige Studien zeigen geringe Evidenz dafür, dass im Falle der isolierten VKB Ruptur initial eine konservative Therapie eingeleitet werden kann. Bei persistierenden Symptomen sollte jedoch eine operative Versorgung erfolgen. Nach operativer Versorgung mittels VKB Rekonstruktion konnte eine signifikant geringere Anzahl an Folgeverletzungen der Menisken und des Knorpels festgestellt werden [...] (Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie [DGU], 2018, S.17-18).

Auf den Seiten 18 bis 22 führt die Leitlinie Empfehlungen zur operativen und nicht-operativen Therapie weiter aus. 

Laut DGU können bei isolierter VKB-Ruptur folgende Faktoren für einen nicht-operativen Therapieversuch sprechen: 

  1. Hohes biologisches Alter

  2. Sehr geringe passive Laxität am betroffenen Knie

  3. Keine subjektive Instabilität trotz Kniebelastung

  4. Geringe sportliche Ambition/ angestrebtes Aktivitätslevel gering

  5. Hochgradige Kniearthrose

  6. Kreuzbandstumpf gering disloziert

Die Leitlinie gibt des Weiteren zu verstehen, dass es aus wissenschaftlicher Sicht aktuell keine hohe Evidenz zur Indikation einer Operation bei isolierter VKB-Ruptur gibt. Trotzdem heben die AutorInnen mehrfach hervor, dass eine frühe operative Versorgung des VKBs einen protektiven Effekt auf Meniskus und Knorpel haben soll. Es werden in weiterer Folge explizit Faktoren genannt, die für eine operative Versorgung einer isolierten VKB-Ruptur sprechen:

  1. Patientin/Patient ist jung und aktiv

  2. Persistierende funktionelle Instabilität am Knie nach konservativer Therapie

  3. Wunsch auf Rückkehr zu Sport oder Beruf mit hoher Anforderung an das Knie

Des Weiteren können, so die AutorInnen, folgende Begleitverletzungen für eine zeitgleiche oder zweizeitige operative Versorgung von VKB und anderen verletzten Strukturen sprechen:

  1. Reparable Meniskusläsion

  2. Meniskusluxation oder - einklemmung

  3. Verletzungen an Knorpel und Knochen

  4. Knöcherner Ausriss des VKBs mit Dislokation

  5. Schwerwiegende Verletzungen des Innenbandkomplexes oder des Außenbandes

2. Handlungsalgorithmus des Komitees Ligamentverletzungen der Deutschen Kniegesellschaft (DKG) zu der Therapie einer akuten VKB-Ruptur aus dem Jahr 2021

Erwähnenswerte Details des Handlungsalgorithmus und relevante Aussagen des dazu veröffentlichten Fachartikels:

  • Ein gewisser Anteil an PatientInnen mit VKB-Ruptur kann den Verlust des Bandes und die resultierende passive Instabilität kompensieren - ein nicht-operativer Therapieansatz kann für diese Betroffenen erfolgreich sein.

  • Mittels MRT sollten, bei Verdacht auf eine Ruptur, der VKB-Status und mögliche Begleitverletzungen erhoben werden.

  • Für Betroffene mit Ambitionen im Leistungssport, mit VKB-Ausriss am Femur, mit reparablen Meniskus- bzw. Knorpelschäden oder mit einem distalen knöchernen Ausriss des inneren Seitenbandes am Kniegelenk wird prinzipiell eine operative Versorgung des VKBs und gegebenenfalls eine zeitgleiche Versorgung der anderen verletzten Strukturen empfohlen.

  • Liegt zusätzlich zu der VKB-Ruptur nur eine Teilruptur von Innen- oder Außenband am Kniegelenk vor und trifft keine der oben genannten Ausnahmen zu, so ist ein konservativer Therapieansatz mit Knieorthese das empfohlene Mittel. Besteht neben der VKB-Ruptur aber eine vollständige Ruptur der genannten Seitenbänder, so kann, je nach Gesamtsituation, entweder ein operatives oder konservatives Vorgehen empfohlen werden.

  • Alle anderen PatientInnen können laut dem Handlungsalgorithmus, sobald es der Reizzustand am Kniegelenk zulässt, mehrere Wochen strukturierte, progressive Trainingstherapie durchlaufen. Im Rahmen dieser werden der Knie-Status mittels Fragebogen, die subjektive Einschätzung des/der Betroffenen zur eigenen Kniefunktion, die Anzahl der Instabilitätsepisoden im Trainingszeitraum und die Leistung im 6-Meter-Sprungtest auf Zeit ermittelt. Je nach Ergebnissen kann eine nicht-operative Therapie weitergeführt werden oder eine chirurgische Intervention notwendig sein. Wird der Entschluss zur rein konservativen Therapie gefasst, so wird der Verzicht auf gewisse, besonders risikobehaftete Sportarten empfohlen. Außerdem wird zur Fortführung eines supervidierten neuromuskulären Trainings geraten. Bei Instabilitäts-Episoden (“giving-way”) und neu auftretenden Meniskus- und Knorpelschäden wird eine operative Versorgung nahegelegt.

  • In die Entscheidung zur passenden Therapiestrategie sollten Faktoren wie Alter, sportlicher Anspruch, begleitende Instabilitäten, Beinachse und Knorpelstatus einfließen.

3. Die Leitlinie der British Association for Surgery of the Knee (BASK) und der British Orthopaedic Sports Trauma and Arthroscopy Association (BOSTAA) zur Versorgung einer VKB-Ruptur aus dem Jahr 2020 (Originaltitel: “Best Practice for Management of Anterior Cruciate Ligament (ACL) Injuries”)

Erwähnenswerte Aussagen der Leitlinie:

  • Die Entscheidung für oder gegen eine operative Versorgung muss von Fall zu Fall individualisiert und in Zusammenarbeit mit dem Patienten/der Patientin getroffen werden. Dabei sind Aktivitätslevel, Ziele und Begleitverletzungen zu berücksichtigen.

  • Die Hauptindikation für eine VKB-Rekonstruktion ist die symptomatische Instabilität.

  • Das Alter und das Vorliegen degenerativer Veränderungen am betroffenen Gelenk sind alleinig keine Kontraindikationen für eine Operation. 

  • Begleitverletzungen können die Dringlichkeit und Notwendigkeit einer operativen Intervention deutlich steigern. Speziell können folgende Umstände für eine kombinierte operative Versorgung von VKB und anderen verletzten Strukturen sprechen: (1) eine ausgeprägte (Grad 3) und/oder ungünstig dislozierte Läsion des inneren Seitenbandes, (2) ein großer knöcherner Ausriss des inneren Seitenbandes, (3) eine ausgeprägte rotatorische Instabilität des Gelenks in Kombination mit ungünstigen morphologischen Verhältnissen rund um das Knie, (4) schwerwiegende Verletzungen am inneren oder äußeren rückseitigen Kapsel-Band-Apparat mit entsprechender Instabilität, (5) ein ausgeprägter reparabler Meniskusschaden (besonders bei Einklemmungssymptomatik), (6) lose knöcherne oder knorpelige Fragmente im Gelenk und (7) eine hintere Kreuzbandruptur.

  • Aktuell gibt es keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass eine VKB-Rekonstruktion degenerative Prozesse am Knie verhindert oder verlangsamt, eine frühe operative Stabilisierung des Gelenks reduziert aber die Rate an sekundären Meniskusverletzungen. Es liegt daher die Annahme nahe, dass die Operation einen schützenden Effekt auf den Gelenkknorpel hat.

  • Die primäre chirurgische Rekonstruktion ist üblicherweise dann angebracht, wenn sich das Knie klinisch “beruhigt” hat, also wenn das initiale Entzündungsgeschehen nach der Verletzung abgeklungen ist und das Knie keine Schwellung oder Bewegungseinschränkung aufweist.

4. Konsens-Statement der Australian Orthopaedic Association (AOA) & Australian Knee Society (AKS) aus dem Jahr 2021 zum nicht-operativen und operativen Management von VKB-Verletzungen (Originaltitel: “Consensus Position Statement on Non-Operative and Operative Management in Anterior Cruciate Ligament Injury.”)

Erwähnenswerte Aussagen des Statements:

Alle Aussagen erreichten unter den beteiligten ExpertInnen 80% Zustimmung oder mehr.

  • Die Versorgung von VKB-Verletzungen sollte individualisiert und in Zusammenarbeit mit dem/der Betroffenen erfolgen.

  • Werden Betroffene mit einer frühen VKB-Rekonstruktion versorgt, muss davon ausgegangen werden, dass ein Teil der Operierten auch mit den Ergebnissen eines nicht-operativen Managements zufrieden gewesen wäre.

  • In randomisierten klinischen Studien konnten langfristig vergleichbare subjektive Ergebnisse zwischen Probanden mit einer frühen Rekonstruktion und mit einer optionalen späten Rekonstruktion ermittelt werden.

  • Das Hinauszögern einer operativen Versorgung ist bei Vorliegen von reparablen oder mechanisch blockierenden Meniskusschäden sowie bei Vorliegen von reparablen Knorpelschäden kontraindiziert. 

  • Wird eine konservative Managementstrategie nach einer VKB-Ruptur gewählt, werden ungefähr 50% der Betroffenen wegen Unzufriedenheit mit dem funktionellen Status des Knies zu einem späteren Zeitpunkt eine VKB-Rekonstruktion durchführen lassen.

  • Weniger aktive und ältere PatientInnen haben eine bessere Chance auf ein zufriedenstellendes Behandlungsergebnis bei konservativer Therapie mit optionaler später VKB-Rekonstruktion.

  • Ein Hinauszögern der VKB-Rekonstruktion erhöht das Risiko auf klinische Instabilität und sekundäre Meniskusschäden, führt aber, im Vergleich zu einer frühen Rekonstruktion, zu ähnlicher subjektiver Zufriedenheit mit dem Behandlungsergebnis unter den Betroffenen.

  • Junge, aktive PatientInnen und PatientInnen mit einer größeren tibialen Reklination (“tibial slope”) tragen ein höheres Risiko, unter wiederkehrenden Instabilitäts-Episoden zu leiden.

5. Leitlinie der American Academy of Orthopaedic Surgeons (AAOS) mit dem Titel “Management of Anterior Cruciate Ligament Injuries” aus dem Jahr 2022

Die AAOS gibt in dieser Leitlinie kaum konkrete Empfehlungen bezüglich der Indikation für eine nicht-operative Therapie nach einer VKB-Ruptur ab, ein paar relevante Aussagen der Arbeit habe ich dennoch nachfolgend aufgelistet.

Erwähnenswerte Aussagen aus der Leitlinie:

  • Besteht die Indikation für eine operative Versorgung nach einem akuten isolierten VKB-Riss, so wird eine frühe VKB-Rekonstruktion empfohlen, da sich das Risiko auf Erleiden zusätzlicher Knorpel- und Meniskusschäden bereits innerhalb der ersten drei Monate nach der Verletzung erhöht (Qualität der Evidenz: hoch).

  • Basierend auf mehreren Arbeiten mit großteils niedriger Qualität kann eine VKB-Rekonstruktion in Betracht gezogen werden, um das Risiko auf zukünftige Meniskuspathologien oder -operationen, besonders bei jungen und/oder aktiven PatientInnen, zu reduzieren. Eine VKB-Rekonstruktion kann auch in Betracht gezogen werden, um langfristig Schmerz und Funktion zu verbessern (Qualität der Evidenz: niedrig).

  • Es wird auch empfohlen, vorliegende Begleitverletzungen in die Therapieentscheidung einfließen zu lassen.

  • Basierend auf Evidenz mit niedriger Qualität sollten, bei gleichzeitigem Vorliegen einer VKB-Ruptur und Meniskusläsion, meniskuserhaltende Maßnahmen angedacht werden, um Gelenkgesundheit und Funktion zu optimieren. (Qualität der Evidenz: niedrig)

  • Basierend auf Evidenz mit moderater Qualität kann angenommen werden, dass bei kombinierter VKB- und Innenbandverletzung eine nicht-operative Versorgung der Innenbandverletzung zu guten Ergebnissen führt. Trotzdem kann die operative Versorgung einer Innenbandruptur in bestimmten Fällen in Betracht gezogen werden. (Qualität der Evidenz: moderat)

6. Das OPTIKNEE Konsensus Statement aus dem Jahr 2022 zur Optimierung der Kniegesundheit und Vermeidung von Arthrose nach traumatischen Knieverletzungen (Originaltitel: “OPTIKNEE 2022: consensus recommendations to optimise knee health after traumatic knee injury to prevent osteoarthritis”) (Whittaker et al., 2022)

OPTIKNEE:

OPTIKNEE ist eine internationale Gruppe von Fachleuten, WissenschaftlerInnen und Betroffenen. Das Ziel des OPTIKNEE Konsensus war es, auf Basis mehrerer Literaturrecherchen und ExpertInnen-Diskussionen, Empfehlungen zur Vermeidung symptomatischer posttraumatischer Kniearthrose nach einer Knieverletzung aufzustellen (Whittaker et al., 2022, S.1394). Die AutorInnen geben dabei unter anderem auch Empfehlungen für die Nachbehandlung einer VKB-Ruptur ab.

Erwähnenswerte Aussagen des Konsensus Statements:

  • In den meisten Fällen sollte die Behandlung einer VKB-Ruptur mit Edukation und Trainingstherapie beginnen, nicht mit einer Operation. Eine VKB-Rekonstruktion sollte dann durchgeführt werden, wenn Betroffene ihr gewünschtes funktionelles Level mit konservativer Therapie nicht erreichen können. Zu beachten ist jedoch, dass die individuelle Gesamtsituation von Betroffenen ein Abweichen von dieser Strategie erforderlich machen kann. 

  • Es sollte offen über die Ziele, Ängste, Präferenzen, verfügbare Ressourcen und “go & no-go-Kriterien” der/des Betroffenen bezüglich nicht-operativer Versorgung, VKB-Rekonstruktion, supervidierter Rehabilitation, der Rückkehr zu Zielaktivitäten und dem kontinuierlichem Selbstmanagement gesprochen werden.

  • Eine Entscheidung zur VKB-Rekonstruktion sollte erst dann getroffen werden, wenn verletzungsinduzierte Entzündung, Schmerz und Bewegungseinschränkung abgeklungen sind.

7. Leitlinie der Dutch Orthopaedic Association (DOA) zu VKB-Verletzungen aus dem Jahr 2012 (Originaltitel: “Guideline on anterior cruciate ligament injury: A multidisciplinary review by the Dutch Orthopaedic Association”) (Meuffels et al., 2012)

Erwähnenswerte Aussagen:

  • Die Indikation für eine VKB-Rekonstruktion ist eine anhaltende Instabilität und ein wiederkehrendes Nachgeben des Kniegelenks in der Aktivität. Das Ausmaß der funktionellen Instabilität ist in der Akutphase nach dem Unfall diagnostisch schwierig zu erheben. Deswegen empfehlen die AutorInnen, mit der Durchführung einer VKB-Rekonstruktion mehrere Wochen zu warten, um das Risiko auf eine Operation an eigentlich asymptomatischen Personen zu minimieren.

  • Das Alter allein ist kein wichtiger Faktor bei der Entscheidung für oder gegen eine VKB-Rekonstruktion, das angestrebte Aktivitätslevel ist hingegen wahrscheinlich der wichtigste Faktor bei der Wahl der Therapiestrategie.

  • Ein längeres Zuwarten bei bestehender OP-Indikation könnte das Risiko auf Meniskus- und Knorpelschäden erhöhen, bei bestehender Indikation wird deswegen eine möglichst rasche Operation empfohlen.

  • Die VKB-Rekonstruktion sollte dann durchgeführt werden, wenn die Kniefunktion bereits optimiert werden konnte, eine volle Beweglichkeit vorliegt und die posttraumatischen Entzündungsprozesse abgeklungen sind. Bestehende Knorpelschäden oder -degeneration sowie die Gesamtsituation der Patientin/des Patienten können die Wahl der Behandlungsstrategie beeinflussen.

8. Empfehlungen zur Nachbehandlung einer VKB-Ruptur der Panther Symposium ACL Treatment Consensus Group (2021) (Originaltitel: “Treatment after ACL injury: Panther Symposium ACL Treatment Consensus Group”) (Diermeier et al., 2021)

Relevante Aussagen des Konsensus Statements:

  • Will eine Patientin/ein Patient nach einer VKB-Ruptur wieder an Sportarten partizipieren, welche häufige intensive Sprünge, schnelle Richtungswechsel sowie rasche Drehbewegungen verlangen, wird zu einer frühen anatomischen VKB-Rekonstruktion geraten. Trotzdem wird präoperativ eine Phase progressiver Trainingstherapie empfohlen.

  • Für PatientInnen, deren Zielsport hauptsächlich geradlinige Aktivitäten und wenig rasche Drehbewegungen oder Richtungswechsel beinhält, ist eine nicht-operative Therapie im Sinne einer strukturierten, progressiven Trainingstherapie eine akzeptable Behandlungsoption. Bleibt eine funktionelle Instabilität des Knies dennoch bestehen, ist eine anatomische VKB-Rekonstruktion empfohlen. 

  • Sowohl eine operative als auch eine nicht-operative Behandlungsstrategie sind nach einer VKB-Verletzung akzeptabel. Bei der Wahl der Therapiestrategie sollten Begleitverletzungen, Risikofaktoren, anatomische Gegebenheiten, Aktivitätslevel und Ziele von Betroffenen Beachtung finden.

  • Liegen reparable Meniskusschäden oder multiple Bandverletzungen vor, so besteht die Indikation zur frühen anatomischen VKB-Rekonstruktion mit begleitender chirurgischer Versorgung der anderen verletzten Strukturen.

  • Die Entwicklung einer posttraumatischen Kniearthrose kann bei vielen Betroffenen sowohl nach operativer als auch nach nicht-operativer Therapie beobachtet werden. Über einen präventiven Effekt einer VKB-Rekonstruktion auf die Kniearthrose wird aktuell gemutmaßt. Ob und in welchem Ausmaß dieser tatsächlich besteht, muss wissenschaftlich noch geklärt werden.

  • Nicht-operative Therapie birgt dann ein erhöhtes Risiko auf Folgeverletzungen, wenn der/die Betroffene wieder an Sportarten partizipieren möchte, welche häufige intensive Sprünge, schnelle Richtungswechsel sowie rasche Drehbewegungen verlangen. Dies ist mitbedingt durch ein erhöhtes Risiko auf Instabilitätsepisoden (“giving-way”).

Ein Blick auf die Forschung

Ich werde in diesem Abschnitt einige relevante Studien zu der Thematik vorstellen und, wann immer sinnvoll, vorsichtige Kommentare zu diesen abgeben. Die wissenschaftliche Datenlage ist relativ unübersichtlich, ein gewisses Maß an Zurückhaltung bei der Interpretation der Evidenz ist daher aus meiner Sicht angebracht.

In vielerlei Hinsicht geben die oben genannten Leitlinien vergleichbare Empfehlungen zum Anwendungsbereich und zu den Erfolgsaussichten nicht-operativer Therapiestrategien ab. Es scheint also in Fachkreisen diesbezüglich durchaus ein gewisser Konsens zu bestehen. Trotzdem wurden in den letzten Jahren immer wieder Stimmen aus Physiotherapie-Kreisen laut, die für einen breiteren Einsatz der nicht-operativen Therapie nach einer VKB-Verletzung auch bei aktiveren PatientInnen plädierten (Filbay & Grindem, 2019; Diemer et al., 2021; Filbay, 2022; Saueressig et al., 2022). Außerdem werden nach wie vor Grundsatzdebatten geführt. Über die Notwendigkeit einer frühen VKB-Rekonstruktion zur Vermeidung von Folgeverletzungen und Arthroseentwicklung wurde, zum Beispiel, in den letzten Jahren vehement diskutiert (Siegel, 2018; Maffulli, 2018; Filbay, 2019). Ich möchte diese sehr facettenreiche Debatte hier bewusst unkommentiert lassen, der nachfolgende Einblick in die Fachliteratur zu der Thematik birgt aber durchaus das Potenzial für den ein oder anderen Überraschungsmoment.

Sekundärliteratur

Durchforstet man jene Literatur, die Ergebnisse einer Versorgung mittels früher Operation, später Operation oder nicht-operativer Therapie nach einer VKB-Ruptur gegenüberstellt, so bleiben leider viele Fragen und einiges an Interpretationsspielraum offen. Die vielen Studien liefern nämlich unterschiedliche Ergebnisse mit oft eingeschränkter Aussagekraft. Auch die überwältigend vielen Literaturarbeiten aus den letzten 10 Jahren zeichnen für mich kein eindeutiges Bild (Andernord et al., 2013; Ajuied et al., 2013; Chalmers et al., 2014; Smith et al., 2014; van Meer et al., 2015; Monk et al., 2016; Harris et al., 2017; Krause et al., 2018; Lee et al., 2018; Sommerfeldt et al., 2018; Lie et al., 2019; Lien-Iversen et al., 2019; Mehl et al., 2019; Ekas et al., 2020; Korpershoek et al., 2020; Wang et al., 2020; Best et al., 2021; Cuzzolin et al., 2021; Diemer et al., 2021; Kim et al., 2021; Matthewson et al., 2021; Prodromidis et al., 2021; Rodriguez et al., 2021; Grassi et al., 2022; Prodromidis et al., 2022; Saueressig et al., 2022; Shen et al., 2022; Webster & Hewett, 2022; Dahduli et al.; 2023; Ferrero et al., 2023; Hohmann et al., 2023; Liu et al., 2023; Migliorini et al., 2023). Am ehesten lassen sich aus den genannten Studien für mich ein Trend zu mehr Folgeverletzungen am Meniskus bei nicht-operativer Therapie oder später Operation sowie ein weiterer Trend zu vergleichbaren Arthroseraten zwischen früher OP, später OP und nicht-operativer Therapie herauslesen. Artikel von Filbay (2018) und Ekas et al. (2020) erläutern aus meiner Sicht sehr schlüssig, warum gerade der Trend bezüglich Meniskusverletzungen aber vorsichtig zu interpretieren ist. Werden zum Beispiel PatientInnen nach einer frühen und PatientInnen nach einer späten VKB-Rekonstruktion in Kohortenstudien direkt miteinander verglichen, so muss man sich schon die Frage stellen, aus welchen Gründen PatientInnen sehr früh oder erst Monate nach einer Verletzung eine Operation erhalten. Viele Faktoren spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle, wodurch ein direkter Vergleich solcher PatientInnen an Aussagekraft verliert.

Randomisierte, kontrollierte Studien

Betrachtet man rein die Ergebnisse aus randomisierten, kontrollierten Studien (RCTs), also jene Daten mit besonders hoher Aussagekraft, so ergibt sich ebenfalls ein unvollständiges und zerfahrenes Bild. Dieses zeigt für mich allerdings unerwartet gute Ergebnisse für die konservative VKB-Rehabilitation bei aktiveren Probanden (Frobell et al., 2010; Frobell et al., 2013; Tsoukas et al., 2016; Reijman et al., 2021; Beard et al., 2022; Lohmander et al., 2023).

KANON Trial

Eine viel zitierte randomisierte, kontrollierte Studie aus Schweden namens “KANON Trial” rekrutierte zwischen 2002 und 2006 121 junge, aktive Erwachsene nach einer akuten VKB-Ruptur mit geringen Begleitverletzungen, um die Effektivität zweier Therapiestrategien zu vergleichen (Frobell et al., 2010, Frobell et al., 2013, Lohmander et al., 2023). Die StudienteilnehmerInnen wurden zufällig zu einer von zwei Gruppen zugeteilt. Die erste Gruppe erhielt eine frühe VKB-Rekonstruktion mit anschließender Trainingstherapie (Früh-Reko Gruppe). Die zweite Gruppe erhielt eine initiale Phase systematischer progressiver Trainingstherapie mit der Option auf eine spätere VKB-Rekonstruktion bei Bedarf (Optional-Reko Gruppe). Die Arbeit konnte auch 11 Jahre nach Studienbeginn an 107 der ursprünglich 121 Probanden großteils ähnliche Ergebnisse für beide Therapiestrategien bezüglich Arthroserate, Schmerz, Symptome, Kniefunktion, Lebensqualität und Aktivitätslevel ermitteln (Lohmander et al., 2023).

Einige Details zu dieser Arbeit sind aus meiner Sicht wissenswert. Zunächst ist zu bemerken, dass sich ungefähr 50% aller Probanden aus der Optional-Reko Gruppe innerhalb der 11 Jahre letztendlich für eine optionale VKB-Rekonstruktion entschieden. Es ist auch hervorzuheben, dass die Probanden im KANON Trial zu Beginn der Studie durchschnittlich 25 Jahre alt und vor der Verletzung sportlich sehr aktiv waren (Fußball, Skifahren, Hockey, etc.). Zu beachten ist, dass die Trainingstherapie in dieser Studie (sowohl nicht-operativ als auch postoperativ) besonders umfangreich durchgeführt wurde. Die Probanden absolvierten im Durchschnitt zwischen 50 und 60 Einheiten Physiotherapie in den ersten zwei Jahren Studienlaufzeit -- nicht in jedem Gesundheitssystem ist ein solches Ausmaß an Betreuung für jeden Patienten/jede Patientin umsetzbar oder leistbar. Zu bedenken sind auch die spezifischen Ein- und Ausschlusskriterien der Arbeit, die vermehrte passive Knielaxität nach 2 und 5 Jahren Studienlaufzeit bei rein nicht-operativer Versorgung, der Prozentsatz an weiblichen Studienprobanden, die höhere Rate an Meniskuszeichen- und Symptomen in der Optional-Reko Gruppe nach 2 Jahren und das letztendlich vergleichsweise niedrigere Aktivitätslevel all jener Probanden, die auch nach 11 Jahren keine Operation in Anspruch genommen hatten. Zu erwähnen ist auch die Sekundäranalyse von Snoeker et al. (2020), welche einen potenziell schützenden Effekt der frühen VKB-Rekonstruktion auf den medialen Meniskus aus den MRT-Bildern zum 5-Jahres-Follow-Up ermittelt.

Interessant ist in diesem Zusammenhang noch eine Arbeit von Filbay et al. aus dem Jahr 2023, welche die MRT-Bilder des KANON Trials nach 2 und 5 Jahren bezüglich der VKB-Heilungsrate analysierte (Filbay et al., 2023b). Bei 30% aller Probanden aus der gesamten Optional-Reko Gruppe konnte nach 2 Jahren ein durchgängiges VKB in der MRT festgestellt werden, gleiches gilt für ca. 50% aller rein konservativ versorgten Probanden aus der Optional-Reko Gruppe nach 5 Jahren. Ebenso konnte bei ca. 30% aller Probanden aus der letzteren Gruppe in der MRT sogar ein optisch völlig normal wirkendes VKB nachgewiesen werden, wobei bei weiteren 25% ein dünnes oder elongiertes, aber durchgängiges Ligament auszumachen war. Aus der Untersuchung geht aber leider auch hervor, dass ein beträchtlicher Anteil der Probanden zwar Zeichen einer VKB-Heilung in der Bildgebung aufwies, die passive Stabilität eines unverletzten Knies in vielen Fällen aber innerhalb von 5 Jahren nicht wieder erlangt werden konnte. Jene Probanden, die eine VKB-Rekonstruktion erhalten hatten, waren bei passiven Laxitätstests im Vergleich deutlich stabiler.

COMPARE Trial

Im Rahmen des niederländischen COMPARE Trials, ebenfalls eine randomisierte, kontrollierte Studie, wurden zwischen 2011 und 2016 167 Probanden mit einer akuten VKB-Ruptur und geringen Begleitverletzungen rekrutiert, um die gleiche Fragestellung zu untersuchen (Reijman et al., 2021). Wie im KANON-Trial wurden die StudienteilnehmerInnen zufällig zu einer von zwei Gruppen zugeteilt. Die erste Gruppe erhielt eine frühe VKB-Rekonstruktion mit anschließender Trainingstherapie (Früh-Reko Gruppe). Die zweite Gruppe erhielt eine initiale Phase Trainingstherapie mit der Option auf eine spätere VKB-Rekonstruktion bei Bedarf (Optional-Reko Gruppe). Die Arbeit konnte 24 Monate nach Studienbeginn zwar leicht bessere Ergebnisse für PatientInnen nach einer frühen VKB-Rekonstruktion aufzeigen, der Unterschied zwischen den Behandlungsstrategien war aber nach Auffassung der StudienautorInnen klein und damit von fraglicher klinischer Relevanz (Reijman et al., 2021).

Erneut sind ein paar Details anzusprechen. Genau 50% der Probanden aus der Optional-Reko Gruppe entschieden sich innerhalb der 2 Jahre Studienlaufzeit für eine Operation. Der Beobachtungszeitraum war mit 24 Monaten kurz, was die Aussagekraft der Ergebnisse insgesamt sicherlich drückt. Die PatientInnen waren im Durchschnitt etwas älter und vor der Verletzung auch etwas weniger sportlich aktiv als jene aus dem KANON Trial, sie waren dennoch durchschnittlich erst knapp über 30 Jahre alt und mehr als ein Drittel der Probanden partizipierte vor der Verletzung im Wettkampfsport. Zu beachten sind die eher grob beschriebenen Mindestanforderungen für die Trainingstherapie in der Optional-Reko Gruppe, fehlende Daten über den tatsächlichen Umfang und die Qualität der erhaltenen Trainingstherapie innerhalb des Beobachtungszeitraums, Ein- und Ausschlusskriterien der Arbeit, der Prozentsatz an weiblichen Probanden sowie die deutlich häufigeren “giving-way” Episoden in der Optional-Reko Gruppe. Es sei auch erwähnt, dass, trotz dieser deutlich höheren Anzahl an Instabilitäts-Episoden in der Optional-Reko Gruppe, eine ähnliche Häufigkeit von Meniskuseingriffen in beiden Behandlungsgruppen verzeichnet wurde. Leider wurde nach 24 Monaten keine MRT-Untersuchung durchgeführt und damit keine nähere Information zum Meniskusstatus der Probanden erhoben.

In einer sekundären Analyse des COMPARE Trials kommen van der Graaff et al. (2022) zu dem Schluss, dass jene Probanden aus der Optional-Reko Gruppe, die sich für eine optionale Operation entschieden hatten, im Schnitt jünger und vor der Verletzung aktiver waren, als jene, die rein nicht-operativ therapiert wurden. StudienteilnehmerInnen aus der erstgenannten Gruppe fühlten sich zudem laut der Analyse instabiler am Kniegelenk, hatten schlechtere Ergebnisse in Fragebögen und mehr Schmerz.

ACL SNNAP Trial

Im ACL SNNAP Trial, einer randomisierten, kontrollierten Studie aus Großbritannien, wurden zwischen 2017 und 2020 316 Probanden mit nicht-akuten VKB-Verletzungen und leichten Begleitverletzungen auf sehr ähnliche Weise untersucht (Beard et al., 2022). Die TeilnehmerInnen wurden, wie schon in den vorhergehenden Arbeiten, in zwei Gruppen unterteilt. Probanden in der ersten Gruppe erhielten eine frühe VKB-Rekonstruktion mit nachfolgender Rehabilitation (Früh-Reko Gruppe), während Probanden aus der zweiten Gruppe zumindest 3 Monate supervidierte Physiotherapie durchliefen und danach die Option auf eine Rekonstruktion im Falle von persistierenden Symptomen hatten (Optional Reko-Gruppe). Nach 18 Monaten wurden im KOOS4-Fragebogen bessere Ergebnisse für die Früh-Reko Gruppe (73,0/100 Punkte) als für die Optional-Reko Gruppe (64,4/100 Punkte) ermittelt. Es wurden ebenfalls bessere Ergebnisse im ACL QoL Score, bei der PatientInnen Zufriedenheit und in der Tegner Activity Scale für die Strategie mit einer frühen operativen Versorgung festgehalten.

Bezüglich des Alters und des Aktivitätslevels vor der Verletzung waren die Probanden mit jenen aus dem COMPARE Trial zu vergleichen, sie waren also im Schnitt etwas älter und weniger aktiv als KANON Trial TeilnehmerInnen. Zu erwähnen ist auch, dass sich 65 (41%) der PatientInnen in der Optional-Reko Gruppe einer späteren VKB-Rekonstruktion innerhalb der 18 Monate unterzogen. Zu beachten sind zudem der sehr kurze Beobachtungszeitraum, die langen OP-Wartezeiten in beiden Gruppen, die relativ niedrig angesetzten Mindestanforderungen an den Umfang der Physiotherapie in der Optional-Reko Gruppe (mindestens 6 Einheiten Physiotherapie in 3 Monaten), fehlende Daten zur Therapieadhärenz nach den 3 Monaten Physiotherapie, Inklusions- und Exklusionskriterien der Arbeit, der Prozentsatz an weiblichen Probanden, die neu aufgetretenen Meniskusverletzungen in beiden Gruppen und die unterschiedlichen Aktivitätslevel der zwei Gruppen nach 18 Monaten. Anzumerken ist, dass weder MRT noch Röntgen zum 18-Monats-Follow-Up gemacht wurden, somit kann keine genaue Aussage zum Meniskus-Status der Probanden getroffen werden.

Es sei nochmal hervorgehoben, dass die Probanden im ACL SNNAP Trial, im Gegensatz zu TeilnehmerInnen in den oben genannten Studien, ganz bewusst in einer subakuten oder chronischen Phase nach der VKB-Verletzung rekrutiert wurden. 66% der Probanden hatten ihre Verletzung vor mehr als 4 Monaten erlitten. Um an der Studie teilnehmen zu können, durften PatientInnen auch zuvor keine umfangreiche physiotherapeutische Betreuung in Anspruch genommen haben. Über die möglichen Auswirkungen dieser speziellen Ein- und Ausschlusskriterien auf andere Charakteristika der inkludierten StudienteilnehmerInnen kann nur spekuliert werden.

Tsoukas et al. (2016)

Tsoukas und Kollegen verglichen in einer prospektiven randomisierten Studie aus dem Jahr 2016 Ergebnisse nach einer frühen VKB-Rekonstruktion und nach nicht-operativer Therapie an Probanden mit einer isolierten VKB-Ruptur. Die Studie war mit 32 inkludierten TeilnehmerInnen sehr klein. Da einige wichtige Aspekte des Studiendesigns nur sehr vage beschrieben sind, sollen die Ergebnisse der Arbeit an dieser Stelle wenig Gewichtung bekommen. Es sei zumindest aber erwähnt, dass die Autoren ca. 10 Jahre nach Studienbeginn bessere Ergebnisse für die frühe VKB-Rekonstruktion im IKDC Fragebogen festhalten, aber eine vergleichbare Inzidenz von Kniearthrose in beiden Gruppen ermitteln.

Saueressig et al. (2022)

In einer aus meiner Sicht besonders hochwertigen Übersichtsarbeit und Metaanalyse mit dem Titel “Primary surgery versus primary rehabilitation for treating anterior cruciate ligament injuries: a living systematic review and meta-analysis” fassen Saueressig et al. im Jahr 2022 die Ergebnisse aus mehreren randomisierten, kontrollierten Studien zum Thema frühe Rekonstruktion versus optionale, spätere Rekonstruktion zusammen. Der ACL SNNAP Trial und der neueste Follow-Up des KANON Trials aus dem Jahr 2023 wurden erst nach Veröffentlichung der Analyse publiziert und waren somit nicht in der Auswertung inkludiert. Ansonsten wurden die oben angesprochenen RCTs von Frobell et al. (2010), Frobell et al. (2013), Tsoukas et al. (2016) und Reijman et al. (2021) sowie mehrere Sekundäranalysen dieser Studien ausgewertet. Saueressig et al. konnten kaum klinisch relevante Unterschiede zwischen den Probanden in den Früh-Reko Gruppen und den Optional-Reko Gruppen feststellen. Lediglich ein Trend zu einem besseren Knorpelstatus bei Anwendung einer initial nicht-operativen Therapiestrategie und ein Trend zu einem besseren Meniskusstatus bei früher Rekonstruktion konnten ermittelt werden.

Abschließende Überlegungen

Bei Durchsicht der aktuellen Leitlinien wird klar, dass nicht jeder/jede Betroffene zwingend von einer VKB-Rekonstruktion profitiert und die nicht-operative Versorgung eine legitime und sinnvolle Therapiestrategie für bestimmte PatientInnen darstellen kann. Bei der Entscheidung für oder gegen eine nicht-operative Versorgung einer VKB-Ruptur sollten laut den analysierten Empfehlungen viele verschiedene Faktoren berücksichtigt werden (Häufigkeit von Instabilitätsepisoden, Begleitverletzungen, angestrebtes Aktivitätslevel, Kniefunktion, Alter, passive Kniestabilität, usw.). Zukünftige RCTs werden uns hoffentlich noch genauer aufzeigen können, für wen ein nicht-operativer Therapieversuch zufriedenstellende Ergebnisse liefern kann und wie ein solcher idealerweise auszusehen hat.

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